Auerwild am Čerchov in die Freiheit entlassen

Nachdem zehn Auerhähne und zehn Auerhennen aus einer Aufzuchtstation in Bremen fünf Wochen lang in einer naturnahen Voliere unterhalb des Čerchov verbracht hatten, wurden sie am Dienstag in die Freiheit entlassen. Die äußeren Einflüsse waren aber alles andere als einladend, denn über dem Čerchov lag Nebel, es tropfte von den Bäumen und es war windig und kalt. Wen wunderte es, dass das Auerwild nicht spontan das Gehege verließ, sondern zunächst in der gewohnten Umgebung verharrte, in der es schließlich an nichts fehlte, denn dort lag reichlich Futter, für Trinkwasser war gesorgt und vor allen Dingen brauchte es hier keine Angst vor natürlichen Feinden zu haben.

Seit dem Jahr 2000 wird am Čerchov der Versuch der Wiedereinbürgerung des Auerwildes unternommen. Das Projekt wird unter der Regie der Städtischen Wälder Domazlice (Městské Lesy) mit direkter Unterstützung des Umweltministeriums durchgeführt. Für das Wiedereingliederungs-Projekt zeichnet bei den Städtischen Wäldern Domazlice von Beginn an in vorbildlicher Weise Förster Václav Fišr verantwortlich, der über alles genau Buch führt und eine absolute Kapazität auf diesem Gebiet ist. Er arbeitet eng mit den Experten in Tschechien, aber auch mit den Nachbarländern wie Polen und Deutschland zusammen. Zur Aussetzungsaktion hatten sich neben Vaclav Fišr auch Ing. Stanislav Polák vom Bezirksamt für Forst- und Landwirtschaft in Pilsen, der Leiter der Städtischen Wälder Domazlice, Forstdirektor Jan Benda und dessen Stellvertreter Josef Černý eingefunden. Ferner war der bekannte Natur- und Tierfilmer Eberhard Werner gekommen, um mit der Kamera das Geschehen einzufangen.

Bevor von der Bendahütte zur Voliere aufgebrochen wurde, hatte Václav Fišr noch ein Erfolgserlebnis. Bei der Auswertung einer Wildkamera (auch „Fotofalle“ genannt), die im Umfeld der Bendahütte aufgestellt ist, war auf den Bildern unter anderem auch ein Auerhahn zu sehen, der schon früher ausgesiedelt wurde. Damit war der neuerliche Beweis erbracht, dass die Wiedereinbürgerung des Auerhahns im Čerchovgebiet doch gelingt. Es wurden in der Vergangenheit auch tatsächlich immer wieder Auerwild-Paare in verschiedenen Bereichen des Čerchov ausgemacht. So haben Waldarbeiter sogar Eier von Auerhennen gefunden und Junge beobachten können.

In diesem Jahr war die Voliere nach den Vorschlägen der Experten umgebaut und entsprechend vergrößert worden. So wurde der abgeschlossenen Voliere noch eine eingezäunte Freifläche angeschlossen, so dass die Tiere von der Voliere nicht gleich ins Freie gelangen konnten, sondern erst Flugversuche über den Zaun unternehmen mussten, um in das weitläufige Areal um den Čerchov zu gelangen. Es wurde jedoch darauf hingewiesen, dass sich das Auerwild erfahrungsgemäß in den ersten Wochen nach der Aussetzung in der Umgebung der Voliere aufhalten wird. Deshalb wurden auch Futterstellen und Wassertränken rund um die Voliere aufgestellt, damit sich die Tiere dort für die nächsten Wochen noch versorgen können. Übrigens kostet ein Stück Auerwild rund 14000 Kronen, also umgerechnet rund 560 Euro.

Um das Auerwild vor seinen natürlichen Feinden wie Fuchs, Baummarder, Habicht, Wildschweine und Luchs zu schützen, wurden rund um das Gehege Signaleinrichtungen sowie Duftstoffe gegen das Raubwild angebracht. Auch Hundehaare wurden rund um die Voliere ausgelegt, was ebenfalls einen Schutz vor dem Raubwild bietet. Ferner ist die Voliere mit einem Elektrozaun umgeben. Als am Dienstag Václav Fišr die Türe der Voliere öffnete, dauerte es dann immerhin fast drei Stunden, bis die ersten Tiere neugierig das Gehege verließen, um die ersten Schritte beziehungsweise Flüge in Freiheit zu unternehmen, bei denen so viele Gefahren lauern.

Zu den Gefahren für das Auerwild zählen leider auch unvernünftige Wanderer. Auf jeden Fall dürfen die abgesperrten Gebiete keinesfalls betreten werden. Zudem werden auch die bayerischen Wanderer darum gebeten, auf gar keinen Fall mit Hunden das Waldgebiet rund um den Čerchov zu betreten. Auch im Winter (manche Skilangläufer führen ja auch im Winter gerne Hunde ins Čerchovgebiet mit) sollte das Mitführen von Hunden auf jeden Fall unterlassen werden. Es wurde darauf hingewiesen, dass für Gebiete im Böhmerwald, in denen das Auerwild vorkommt, inzwischen sogar ein Betretungsverbot besteht.

Sollten Wanderer trotzdem auf Auerwild treffen, dann sollten sie sich ganz normal, also ganz ruhig verhalten. Schlimm sei unnötiger Lärm, denn dieser könne nämlich beim Auerwild für einen richtigen Schock sorgen, der sogar bis zum tödlichen Herzinfarkt führen kann. Sollte auf bayerischer Seite ein Auerhahn oder eine Auerhenne auftauchen, was ja in den vergangenen Jahren immer wieder der Fall war, dann sollte dies bitte den Städtischen Wäldern Domazlice unter Telefon 00420/379/722 389 gemeldet werden. Dabei wären auch Angaben über den genauen Fundort, das Datum und die genaue Uhrzeit des Auffindens sowie das Geschlecht des Auerwildes wichtig. Denn diese Angaben benötigt Vaclav Fišr für seine Aufzeichnungen.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es im Čerchov-Gebiet ein reichliches Vorkommen von Auerwild. So existiert ein Brief aus dem Jahre 1929, als der damalige Leiter der Stadtwälder Domazlice in einem Brief an das Rathaus vermerkt, „dass so viel Auerwild im Čerchovgebiet ist und dort bereits einen großen Schaden bei den Fichten angerichtet hat“. Im Jahre 1933 wurden noch sieben Auerhähne in den Čerchov-Wäldern geschossen. Danach starb das Auerwild hier jedoch aus. Das Umweltministerium in Prag legte ein Programm zur Wiedereingliederung des Auerwildes auf, das dann im Jahre 2000 erstmals auch am Čerchov in die Tat umgesetzt wurde. Die Tiere werden zu 100 Prozent vom tschechischen Umweltministerium bezuschusst.

Das Auerwild benötigt stille, lichte Nadelwälder und Mischwälder mit Sümpfen und Mooren. Auf dem Boden müssen viele Kräuter und Beeren, zum Beispiel Blaubeeren wachsen. Und sie brauchen Bäume, auf die sie sich zum Schlafen zurückziehen können. Das Auerwild ist ein hochspezialisierter Pflanzenfresser. Im Sommerhalbjahr ernährt es sich fast ausschließlich von Heidelbeerblättern und Beeren, daneben auch von Grassämerei und jungen Sprösslingen. Im Winter besteht die Nahrung hauptsächlich aus Nadeln und Knospen von Kiefer, Fichte, Tanne und Buche. Das Auerwild kann bis zu zwölf Jahre, manchmal auch bis zu 18 Jahre alt werden.

Seit dem Jahre 2000 wird am Čerchov der Versuch der Wiedereinbürgerung eines seltenen Lebewesens, des Auerhahnes unternommen. Das Projekt wird unter der Regie der Städtischen Wälder Domazlice (Městské Lesy) mit direkter Unterstützung des Umwelt- und Landwirtschaftsministeriums durchgeführt. Für das Wiedereingliederungs-Projekt zeichnet in sehr vorbildlicher Weise Förster Vaclav Fišr verantwortlich.

Karl Reitmeier
Naturfreund

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