Waldmünchen. Das Aktionsbündnis Cerchov ermöglichte im Rahmen der bayerisch-tschechischen Zusammenarbeit eine Exkursion zu den archäologischen Grabungen auf der Burgruine Hirschstein (Stary Herstejn). Rund hundert Interessierte nahmen daran teil. In Fahrgemeinschaften ging's zum Fuß des Hirschstein. Schweißtreibend war dann der teilweise recht steile Aufstieg zur Burgruine. Karel Smutny, Bürgermeister von Klentsch, betätigte sich als Dolmetscher und übersetzte die Ausführungen des Archäologen Zdenek Prochazka. Wie dieser informierte, stand die Burg Hirschstein auf einem markanten Gipfel der Stockauer Berge, etwa sieben Kilometer süd-westlich von Ronsperg entfernt. Sie schützte den kürzeren Zweig eines Regensburger Handelsweges, der unweit von hier die Landesgrenze überschritten hatte. Die meisten Wirtschaftsgebäude, für welche auf der Anhöhe kein Platz war, befanden sich am Fuße des Burgberges. Den archäologischen Funden nach, so der Hobby-Archäologe, war hier eine Schmiede. Der eigentliche Wohnturm stand auf einem schmalen Felsen. Dort befand sich ein enger, zwischen zwei Walztürmen eingekeilter Palas. Der Torso eines der Türme erhielt sich bis heute. Vom zweiten Turm blieb nur ein mächtiges Mauerfragment mit einer inneren Höhlung unter dem Felsen erhalten.
Die zugänglichen Anhöhen wurden mit zwei terrassenförmigen Gräben umgeben, deren Wände mit Steinen verstärkt waren. Die Nachrichten über die Burggründung sind sehr unbestimmt. Die ganze Sache kompliziere die Entstehung der Burg Novy Herstejn nur wenige Jahrzehnte später unweit der Burg Hirschstein. Beide Burgen haben zwei unterschiedliche Geschlechter gegründet und besessen. Die älteste Erwähnung von Hirschstein beinhaltet die Chronik des bayerischen
Städtchens Schönsee. Hierin heißt es, dass im Jahre 1266 der böhmische König Premsyl Otakar II. in Bayern eingefallen sei und die Stadt Weiding mit 20 umliegenden Gemeinden, das Frauenkloster in Schwarzhofen, die Gemeinden Nittenau und Regenstauf sowie die Stadt Cham ausgeplündert habe. Die Tschechen haben Schönsee, die Burgen Reichenstein und Frauenstein sowie die Herrschaft Schneeberg besetzt. König Premsyl Otakar II. ließ die Burgen Hirschstein und Reichenstein befestigen und legte Besatzungen hinein. So wurden diese zwei Burgen zu Stützpunkten für Einfälle.
Im Laufe ihrer Existenz hat sich auf der Burg eine ganze Reihe von Besitzern abgewechselt, da sie nie ein Familiensitz der Adeligen war. Sie war immer eine Grenzfestung, auf königlichen Befehl erbaut, verwaltet von Burggrafen. Ihre Feudalbesitzer, die entweder in Bischofteinitz oder in Ronsperg siedelten, nutzten die Burg nur als Stützpunkt am Rande ihrer Herrschaft. In der Zeit der Hussitenkriege standen die damaligen Burgbesitzer in den Reihen der katholischen Adeligen. Am 17. Mai 1421 haben die Hussiten die Burg Hirschstein erobert und dort 17 Gefangene lebendig verbrannt. Angeblich haben sie auf diesem Feldzug auch das Kloster Stockau ausgebrannt.
Die renovierte Burg wurde zum ersten Mal im Jahr 1437 als Hirschstein genannt. Nur kurze Zeit später ist sie an Dobrohost von Ronsperg, der 1459 auch Ronsperg gekauft hatte, gekommen. Dessen ältester Sohn Zdenek Dobrohost war als Räuber und Landschädling bekannt. Seine Burgen Hirschstein und Ronsperg dienten als Zufluchtsorte für das Raubgesindel. Das Heer von König Vladislav II. hatte dann die Burg erobert und diese gesprengt. Der zweite Walzturm wurde mit Schießpulver gefüllt und gesprengt. Zdenek Dobrohost konnte zwar auf die bayerische Burg Flossenburg flüchten, die Burg Hirschstein hatte er aber nicht mehr zurück erhalten. Die zerstörte Burg verödete und wurde schnell zur Ruine. Wie aus alten Aufzeichnungen hervorgeht, haben italienische Edelsteinsucher die Burg oft besucht, um hier nach Halbedelsteinen zu forschen. Noch unlängst war die nahe der tschechisch-bayerischen Grenze liegende Burg mit einer Militärwache besetzt und nur schwer zugänglich. Die Soldatenhütte verfällt langsam. Der Wanderer kann jetzt auf den Burgfelsen hinaufsteigen. Durch die hochgewachsenen Bäume bleibt jedoch ein Ausblick verwehrt.
Wie Prochazka berichtete, laufen derzeit umfangreiche Sanierungsarbeiten, um den weiteren Verfall der Burganlage zu stoppen. An verschiedenen Stellen im Bereich der Ruine wurde Erdreich abgegraben, um nach Mauerfragmenten sowie historischen Gegenständen zu suchen. Zwischenzeitlich konnten schon interessante Funde gemacht werden. Neben zahlreichen Keramikteilen wurden zwei Speerspitzen entdeckt. Interessant ist die Freilegung einer Ofenanlage. Nach der Dokumentation der Ausgrabungen wird wieder verfüllt. Durch das Aktionsbündnis Cerchov ist es möglich geworden, die sonst für Besucher unzugängliche Burgruine während der Ausgrabungsarbeiten zu besichtigen. Diese einmalige Gelegenheit sollten sich Interessierte nicht entgehen lassen. Ines Niedziella und Dr. Klaus Zeitler vom Projektmanagement des Aktionsbündnisses Cerchov bedankten sich beim Archäologen Zdenek Prochazka und Karel Smutny für die interessanten Ausführungen.